Der letzte Vorhang

Aus. Ende. Vorbei. Der Vorhang fällt. Der Raum ist dunkel und still. Kein Applaus. Nichts. Nur gespenstische Stille.
In den Falten des Vorhangs versteckt sich die Traurigkeit. Die Wehmut duckt sich hinter die Säulen der Bühne und verbirgt ihr Gesicht hinter einer Maske.
Niemand zieht den Vorhang mehr hoch. Keiner verbeugt sich mehr vor einem begeisterten Publikum.
Aus. Einfach nur aus.
Das ist der letzte Vorhang. Er tritt ab von der Bühne, so still wie er sie betreten hatte.
Immer wieder das gleiche Stück. Ein Drama in einem Akt, ohne Unterbrechung. Ein Stück von Liebe, von Leid. Vom Verlieren und Wiederfinden. Vom Leben und Sterben.
Wieviel Male ging der Vorhang zu und wieder auf. Immer und immer wieder. Einer zog an der Schnur, unsichtbar für das Publikum. Der schwere Brokatstoff hob und senkte sich.
Und er, er stand im Rampenlicht und spielte seine Rolle. Seine Rolle des Lebens. Genoß den Applaus, wenn's gut war und litt, wenn's schlecht war. Und der Vorhang deckte am Schluß alles gnädig zu. Aus.
Beim letzten Vorhang ist niemand dabei. Da ist er allein. Allein verläßt er seine Bühne. Nur der an der Schnur, der steht da und wartet.
Wartet, bis der letzte Satz gesagt, bis der letzte Akkord verklungen. Bis der letzte Gedanke gedacht. Bis der letzte Atem gehaucht.
Aus.

© Monika A.E. Klemmstein

 

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